Die eigene Meinung wird ungeprüft als Tatsache verkauft.
Die EU-Richtlinie 2001/42/EG soll sicherstellen, dass ein hohes Umweltschutzniveau herrscht und muss in einem Umweltbericht Informationen über Maßnahmen enthalten, die geplant sind, um
erhebliche negative Umweltauswirkungen
zu verhindern, zu verringern und auszugleichen. Eine Abschichtung (Verlagerung der Prüfung auf die nächste Ebene) zur Vermeidung von Mehrfachprüfung ist möglich. Allerdings kann ein Prüfverfahren auf eine nachfolgende Ebene die hier im Entwurf zur RROP bereits erforderlichen Prüfungen laut UVP-Richtlinie i.V.m. einem EuGH-Urteil vom 7. Jan. 2004 nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.
Nach Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 85/337 muss die Umweltverträglichkeitsprüfung vor der Erteilung der Genehmigung durchgeführt werden. Zweck ist es, dass die zuständige Behörde die Auswirkungen des Projektes auf die Umwelt so früh wie möglich berücksichtigt.
Aber:
So ist im vorliegenden Umweltbericht keinerlei Überprüfung der möglichen gesundheitlichen Gefahren beim Aufstellen von mehreren Windkraftanlagen / Windparks geschweige denn bis zu 100 möglichen Windkraftanlagen zu finden.
Eine solche Prüfung ist unterblieben. Als Folge dieser Unterlassung wären wir laut dem Umweltbericht in unserem Ort lediglich „gering erheblich“ betroffen.
Eine Risiko-Prüfung für das Trinkwassergewinnungsbiet mitten im Breetzer Wald ist mit keiner Silbe erwähnt worden.
Zu beiden Punkten machte der Büroleiter des beauftragen Umweltbüros aus Hannover, Herr Kraetschmer, bei einer öffentlichen Ausschusssitzung des Landkreises folgende Bemerkungen.
a) zur Einstufung “gering erheblich” für das Schutzgut Mensch sagte Herr Kraetschmer:
“Es ist kein Top-Standort”.
Danke an dieser Stelle von allen Betroffenen für diese präzise Analyse bezüglich der hier zu erwartenden Auswirkungen für das Schutzgut Mensch.
Wir halten dies für eine bewusste Verharmlosung.
b) zur Nicht-Erwähnung des Trinkwassergewinnungsgebietes sagte er:
“Es habe vom Landkreis kein Auftrag vorgelegen, diese Prüfung vorzunehmen. Prüfungen für die Schutzzone 3 werden im Zulassungsverfahren durchgeführt. Dann würde geprüft, dass keine wassergefährdenden Stoffe eindringen.”
Frau Schlag vom Landkreis Lüneburg hat zu beiden Punkten am 26. April 2023 persönlich angemerkt:
“Diese Prüfungen sollen im späteren Zulassungsverfahren geprüft werden. Wir sichern nur die Flächen. Mehr nicht.”
Der Hammer:
Am 29. März 2023 ist der § 6 des WindBG inkraftgetreten. Dieser besagt folgendes:
„(1) Wird die Errichtung und der Betrieb oder die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer Windenergieanlage in einem zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung ausgewiesenen Windenergiegebiet nach § 2 Nummer 1 beantragt, ist im Genehmigungsverfahren abweichend von den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung und abweichend von den Vorschriften des § 44 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes eine artenschutzrechtliche Prüfung nicht durchzuführen. Satz 1 ist nur anzuwenden,
1. wenn bei Ausweisung des Windenergiegebietes eine Umweltprüfung nach § 8 des Raumordnungsgesetzes oder § 2 Absatz 4 des Baugesetzbuchs durchgeführt wurde
und
2. soweit das Windenergiegebiet nicht in einem Natura 2000-Gebiet, einem Naturschutzgebiet oder einem Nationalpark liegt
Was bedeutet dies?
Als am 26. April die Aussage getroffen wurde, dass die Prüfung für das Schutzgut Mensch und für die Trinkwasserprüfung in das Zulassungsverfahren verlagert werden soll, war schon bekannt, dass im Genemigungsverfahren überhaupt keine Umweltverträglichkeitsprüfung mehr durchgeführt werden soll, wenn eine Umweltprüfung nach § 8 ROG durchgeführt worden ist.
Wir erinnern:
Eine Umweltprüfung nach § 8 ROG hat stattgefunden. Die Prüfung für das “Schutzgut Mensch” wurde mit “gering erheblich” betroffen mehr geraten als geprüft. Auf das Trinkwassergebiet wurde gar nicht eingegangen.
Wir befürchten…
dass man hier durch Unterlassung der erforderlichen Intensität bzw. Weglassen der Umweltprüfungen den Weg für eine prüfungslose Genehmigung der Windkraftanlagen geebnet hat.
Zugleich hätte man dadurch die Bevölkerung bewusst auf übelste Weise damit getäuscht, dass ihre Stellungnahmen geprüft und berücksichtigt würden. Die Behörde würde sämtliches Vertrauen der Bevölkerung verlieren, wenn nun die erforderlichen Umweltprüfungen nicht mehr durchgeführt werden würden.
Wir würden die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise prüfen lassen.
Die EU sagt …
in Art 191 (2) Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), dass die Umweltpolitik u.a auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung beruht:
„Wenn das Vorliegen und der Umfang von Gefahren für die menschliche Gesundheit ungewiß ist, können die Organe Schutzmaßnahmen treffen, ohne abwarten zu müssen, daß das Vorliegen und die Größe dieser Gefahren klar dargelegt sind. Das bestätigt Art. 130 r (1) EG-Vertrag, wonach der Schutz der Gesundheit zu den umweltpolitischen Zielen der Gemeinschaft gehört. Nach Art. 130 r (1) zielt die Umweltpolitik der Gemeinschaft auf ein hohes Schutzniveau ab; sie beruht auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung …”
Somit besitzt die menschliche Gesundheit in der Umweltpolitik einen hohen Stellenwert!