Ein Industriestandort für Windenergie
Ingrid Kiesewetter, ihre Schwester Marita Hölzner, Claudia Kühn und Claudia v. Bernstorff (v.l.) wehren sich dagegen, dass der Breeter Wald zu einem “Industriegebiet für Windkraft” werden soll. Foto: kre
Gegen die Pläne des Landkreises, den Breetzer Berg als Windvorrangfläche auszuweisen, regt sich Widerstand
Von Klaus Reschke
Breetze. Marita Hölzner und ihre Schwester Ingrid Kiesewetter haben sich mit ihren Ponys am Rande von Breetze ein kleines Paradies geschaffen: „Wir bieten Reiten für Kinder ab drei Jahren an, berichten sie, „machen Führungen in den nahegelegenen Breetzer Wald und erklären unterwegs die Natur.“ Das komme gut an bei den Kindern und Jugendlichen – „und das macht auch uns Spaß“, sagt Marita Hölzner, die in Breetze geboren und aufgewachsen ist und sich kein schöneres Fleckchen Erde zum Leben und Wohnen vorstellen kann. Doch ihr Idyll ist massiv bedroht.
Klimaschutz nicht zulasten der Natur
Im Entwurf des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP) des Landkreises Lüneburg ist der Breetzer Wald als Windvorrangfläche vorgesehen. Was das bedeutet, erklärt Claudia Kühn von der örtlichen Bürgerinitiative: In dem Wald sollen auf über 1000 Hektar bis zu 100 Windräder planungssicher gebaut werden dürfen.
Eine Vorstellung, die vielen Bürgern in Breetze und darüber hinaus Angst macht: „Der Landkreis ist gerade dabei, unsere Region zu einem Industriestandort für Windenergie zu machen“, warnt Kühn. Sollten diese Pläne in die Tat umgesetzt und die Windräder tatsächlich in dieser Anzahl in den Wald gestellt werden, hätte das dramatische Folgen. Nicht nur für die Anwohner, sondern auch für Fauna und Flora, das Kleinklima – und nicht zuletzt für die Trinkwassergewinnung. Deshalb haben die Breetzer bereits mehr als 1000 Unterschriften gegen das Vorhaben gesammelt.
Marita Hölzner jedenfalls mag sich gar nicht vorstellen, dass eines Tages der Blick statt zum Wald zu den Windrädern gehen könnte: „Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Ich lebe hier. Aber beim Gedanken, dass hier für die Windkraft womöglich alles platt gemacht wird, könnte ich das Heulen kriegen“, sagt sie. Sollte es tatsächlich soweit kommen, bleibe ihr nur der Wegzug – „schon meiner Pferde wegen.“
„Wir sind nicht gegen Windkraft“, stellt Claudia Kühn klar, „die Notwendigkeit zur Energiewende sehen wir“, sagt sie, aber: „Klimaschutz darf nicht zulasten der Natur gehen!“ Das aber wäre nach Recherchen der Mitglie- der der Breetzer Bürgerinitia- tive „Der Wald bleibt – Keine Windräder im Breetzer Wald“ der Fall.
Was die BI-Mitglieder ebenfalls ärgert: „Ein 176 Jahre alter Mischwald soll womöglich geopfert werden, obwohl man noch gar nicht weiß, wohin mit der Energie aus der Windkraft. Das E-Werk in Dahlenburg jedenfalls habe schon abgewunken. Entweder müsste also eine Trasse zum nächstgelegenen Umspannwerk in Adendorf gelegt oder gleich auch noch ein neues Umspannwerk in Breetze gebaut werden.
Wer die Internetseite der Breetzer Bürgerinitative anklickt, kann auch einiges über die konkreten Gefahren durch Windräder im Wald nachlesen: „Die kühlende Wirkung des Waldes wird aufgehoben. Denn die eigentlich am Boden befindliche schwerere kühle Luft wird nach oben gewirbelt und die warme darüber befindliche Luft nach unten. Das führt zu einem Temperaturanstieg im Wald, damit auch zu einer schnelleren Verdunstung und Austrocknung des Waldes.“ Zitiert wird Prof. Johannes Quaas, Professor für Theoretische Meteorologie der Universität Leipzig. Er habe herausgefunden, dass sich dieser Einfluss bei jedem Windkraftrad auf ein Gebiet von mehreren Hundert Metern hinter den Rotorblättern herum auswirke.
Zudem sei der Wald wichtiger CO₂-Speicher, Sauerstofflieferant und wichtig für die Grund- und damit Trinkwasserneubildung. Aufgaben, die auch der Breetzer Wald erfülle. Claudia v. Bernstorff, BI-Mitglied, hat sich schlau gemacht, verweist darauf, dass Wassergewinnungsgebiete sogenannte „Verdünnungsflächen“ brauchen, die das Regen- und Oberflächenwasser filtern, bevor es tiefere Schichten erreicht. „Wälder sind solche Wasserverdünnungsflächen, im Gegensatz zu Äckern, die aufgrund des Düngers den Boden kontaminieren und Nitrate ins Erdreich bringen.“
Hinzu komme, dass für jedes Windrad nicht nur Bäume gefällt werden, sondern auch Hunderte Tonnen Stahl und Beton verbaut und der Waldboden so verdichtet wird, dass dort auf Jahre hinaus nichts mehr wachsen wird. Und: Die Windräder sind mehr als 200 Meter hoch, die Bäume lediglich 20 bis 30 Meter. Damit werde dem Breetzer Wald auch der Erholungswert genommen.
Stadt Bleckede wehrt sich gegen Planungen
Die Planungen des Landkreises stoßen auch bei der Stadt Bleckede auf große Bedenken bis hin zur Ablehnung. In seiner mehrseitigen Stellungnahme zum RROP-Entwurf schreibt Bleckedes Bürgermeister Dennis Neumann unter anderem: „Durch die Errichtung eines großflächigen Windparks im Waldgebiet Breetzer Berge/Bargmoor würde das gesamte Gebiet erheblich verlärmt.“ Sein Resümee: „Die Stadt Bleckede fordert, die Planungen (..) nicht weiter zu verfolgen und somit vollständig aufzugeben. Vielmehr ist die (…) Erholungseignung des Waldgebietes zu stärken.“ Diesen Worten können sich Claudia v. Bernstorff und die anderen BI-Mitglieder nur anschließen.