“Gegenwind” formiert sich
Bürger machen mobil gegen 19 Windkraftanlagen im Wald bei Mechtersen – und erhalten Schützenhilfe vom Nabu
Von Klaus Reschke
Mechtersen/Lüneburg. Die Windkraftpläne von Bund und Land bekommen Gegenwind – jetzt auch in Mechtersen. „Wir werden in den nächsten Tagen eine Bürgerinitiative gegen den geplanten Windpark Mechtersen ins Leben rufen“, kündigt Andreas Ließke an. Der Name der Bürgerinitiative stehe schon: „Gegenwind Lüneburg“.
Ließke fürchtet, dass ein großer Teil des Kiefernwaldes bei Mechtersen geopfert wird, um Platz zu schaffen für 19 bis zu 250 Meter hohe Windkraftanlagen. Nicht nur für den Schornsteinfegermeister unvorstellbar. Unterstützung bekommt Ließke von der Nabu-Kreisgruppe Lüneburg. Deren Vorsitzender Arnold Spliesgar sagt: „Wir als Umweltverband möchten die Energiewende nicht blockieren, fordern aber den weitestgehenden Verzicht auf die Ausweisung von Waldgebieten für die Windenergienutzung im Regionalen Raumordnungsprogramm.“
Offiziell gilt der Kiefernwald bei Mechtersen als Wirtschaftswald. Auf dem sandigen Boden stehen vor allem Kiefern, aber auch Birken, vereinzelt auch Eichen. „Wir haben hier ganz in der Nähe auch Feuchtbiotope“, betont Andreas Ließke. Die sieht er genauso in Gefahr, wenn die Pläne für den Windkraftpark in die Realität umgesetzt werden. „Was man hier vorhat, ist Naturzerstörung pur“, ärgert sich der Schornsteinfegermeister.
Wälder sind für den Klimaschutz unverzichtbar
Ähnlich sieht das auch der Nabu. In dessen Stellungnahme heißt es: „Unsere Wälder sind vor allem für den Klimaschutz unverzichtbare Flächen, die eine stark kühlende Wirkung haben und nicht weiter dezimiert werden dürfen“. Und weiter: „Es kann nicht zugelassen werden, dass ausgerechnet für Klimaschutzmaßnahmen wie den Erneuerbaren Energieausbau die Zerstörung der Natur noch beschleunigt wird.“
Aktuell soll der Landkreis Lüneburg vier Prozent seiner Flächen für Windenergie reservieren, das sind 5311 Hektar. Statt Waldflächen für die Windkraftanlagen zu roden, schlägt der Nabu ökologisch eher unbedeutende Flächen wie beispielsweise Maisäcker vor. Diese Flächen befänden sich zwar überwiegend in Privatbesitz, was Verhandlungen erforderlich machen würde, „aber das darf doch nicht ausschlaggebend bei der Planung von Windvorrangflächen sein“, so Spliesgar. Er rechnet vor: „In Niedersachsen sollen zwei bis vier Prozent der jeweiligen Kreisflächen für den Windkraftausbau in Anspruch genommen werden, aber fast 60 Prozent der Landesfläche werden landwirtschaftlich genutzt. Sein Fazit: „Es wäre machbar, auf landwirtschaftliche und ökologisch eher unbedeutende Flächen zurückzugreifen, denn: „Windparks wie in den Breetzer Bergen, im Forst Dieksbeck oder im Bilmer Strauch, verbunden mit großflächigen Kahlschlägen, widersprächen nicht nur allen Klimaschutzzielen, sondern würden auch den Erholungswert beeinträchtigen und die Akzeptanz der Energiewende gefährden.“
Der Landkreis freilich sieht das anders: „Gerade weil wir ein waldreicher Landkreis sind, ist unser verbindliches Teilflächenziel so hoch“, teilte Kreisrätin Sigrid Vossers dem Nabu-Vorsitzenden schriftlich mit. Um den festgesetzten Wert zu erreichen, müssten auch Waldflächen als Potenzialflächen für die Windkraft einbezogen werden. „Ausgeschlossen sind historische Waldstandorte und naturschutzfachlich geschützte Flächen.“
Grundsätzliche Bedenken gegen die aktuelle bundesdeutsche Energiepolitik äußert Andreas Ließke: „Eine Vervielfachung der nur durch Subventionen zu erstellenden Windenergieanlagen bringt keine Verbesserung der Versorgungssicherheit, da diese Art der Stromerzeugung zu volatil ist, zu schwankend, auch sind in der gesamten Bundesrepublik nicht einmal genügend Speicher-und Leitungssysteme vorhanden“, kritisiert der Kirchgellerser, der weiter zu bedenken gibt: „Pro Windkraftanlage werden bis zu 20 Hektar Wald dauerhaft vernichtet.“ Dies entspreche etwa 7000 gefällten Bäumen. „Es werden breite Schneisen geschlagen und befestigte Straßen für Schwertransporter angelegt. Pro Anlage werden rund 3000 Tonnen Stahlbeton in den Waldboden versenkt und bei einem Rückbau der Anlage auch nicht mehr entfernt. Somit entstehe ein unwiderruflicher Schaden im Waldökosystem.
Waldinnenklima wird zerstört
Sicher sei, so Ließke weiter, dass der bisher geschlossene Wald und seine Funktionen zerstört würden. „Gerade aus Waldschutzgründen wurde in den Landesforstgesetzen der Kahlschlag, das heißt die Schaffung von Freiflächen im Wald, verboten und die früher übliche Kahlschlagsbewirtschaftung eingestellt. Denn durch die Öffnung des geschlossenen Waldes wird unter anderem das Waldinnenklima zerstört.“ Das habe weitreichende Folgen, nicht nur für viele Tier- und Pflanzenarten, sondern insbesondere auch für die Grundwasserneubildung, gibt Ließke zu bedenken.
Für den Schornsteinfegermeister ist klar: „Unsere Energiepolitik geht zurzeit in die völlig falsche Richtung. Ein weiterer Ausbau von Windkraftanlagen geht zulasten der Versorgungssicherheit, führt zu steigenden Energiepreisen, zur Zerstörung von Umwelt- und Naturflächen und zur Dezimierung ganzer Tierbestände.“ Dagegen wollen er und seine Mitstreiter sich wehren, die Bürgerinitiative aus der Taufe heben. Weitere Informationen erhalten Interessierte unter (0151) 15179518.