“Wie viel Wind darf es sein?” Ausschuss Kreistag informiert

Ausschuss des Kreistags informiert über die aktuelle Planung von Vorrangflächen zur Windenergienutzung

Von Dennis Thomas

Lüneburg/Adendorf. Besonders gut besucht war die jüngste Sitzung des Raumordnungsausschusses des Lüneburger Kreistags am Mittwoch in der Schule am Katzenberg in Adendorf: Mehr als 60 Zuhörerinnen und Zuhörer verfolgten die Berichte der Kreisverwaltung zur aktuellen Planung von Windkraftvorrangflächen im Rahmen des neuen Regionalen Raumordnungsprogramms, das spätestens bis Ende 2025 fertiggestellt werden soll. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Welche Rolle spielt das Regionale Raumordnungsprogramm 2025 bei der Planung von Windkraftstandorten?

Das Regionale Raumordnungsprogramm ist ein Planungsinstrument des Landkreises und gibt nur einen groben Rahmen für die Entwicklung vor. Ziel der Vorrangflächenplanung ist die Sicherung von Gebieten, die für Windkraftanlagen grundsätzlich geeignet sind. Damit ist aber noch keine konkrete Planung von Windparks verbunden. Das ist Sache von Investoren und Flächeneigentümern. Ziel der Raumordnung ist es, die Ansiedlung von Windkraftanlagen in bestimmten Gebieten zu konzentrieren, damit sie nicht überall im Außenbereich gebaut werden können.

Was passiert, wenn der Landkreis die Windkraftvorrangflächen nicht im Regionalen Raumordnungsprogramm regelt?

Ohne Rahmenplanung dürften Windkraftanlagen grundsätzlich überall im Außenbereich geplant und gebaut werden. Wenn dem jeweils keine öffentlichen Belange entgegenstehen, müssen die Anlagen genehmigt werden.

Warum ist es sinnvoll, dass der Landkreis bei der Vorrangflächenplanung für Windkraft einen Puffer berücksichtigt, also etwas mehr plant als benötigt?

Sollte später vor Gericht die Regionalplanung erfolgreich angegriffen werden und einzelne Vorranggebiete für ungeeignet erklärt werden, muss trotzdem das vom Land vorgegebene Teilflächenziel erreicht werden. Beim Unterschreiten des Ziels würde sonst die gesamte Vorrangflächenplanung infrage gestellt, hieß es.

Wer ist für die Genehmigung von Bau und Betrieb von Windrädern zuständig?

Das Genehmigungsverfahren zur Errichtung von Windrädern ist als privilegiertes Bauen im Außenbereich nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BimSchG) geregelt. Genehmigungsbehörde ist der Landkreis Lüneburg. Kommunen können durch die Aufstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen in engen Grenzen regulierend eingreifen. Erst in dem Genehmigungsverfahren würden dann auch Punkte geklärt, die jetzt in der Einwohnerfragestunde aufkamen. Zum Beispiel, ob es durch Windkraftanlagen im Wald zu erhöhter Brandgefahr kommen kann, oder ob es zusätzliche Maßnahmen zum Schutz von Grundwasservorkommen beim Bau der Anlagen geben muss.

Wie viel Fläche ist bisher als Vorranggebiet für Windenergienutzung im Landkreis vorgesehen?

Im aktuell noch gültigen Teilplan Windenergie des alten Regionalen Raumordnungsprogramms sind 0,6 Prozent des Landkreises Lüneburg als Vorrangflächen für Windräder vorgesehen. Das entspricht rund 800 Hektar beziehungsweise ebenso vielen Fußballfeldern.

Wie viel Fläche sind für Vorranggebiete zur Windenergienutzung im Landkreis Lüneburg künftig geplant?

Da gehen die Ansichten noch auseinander: Der Landkreis Lüneburg war im Herbst 2022 mit einem Flächenpotenzial von rund 4,6 Prozent in die Planung gestartet, allerdings in der Erwartung, dass nach dem Beteiligungsverfahren mit den Kommunen nur ein Teil davon übrig bleiben würde. Das Land Niedersachsen aber fordert vom Landkreis Lüneburg derzeit ein verbindliches Teilflächenziel von 4,72 Prozent ein. Das wäre der dritthöchste Anteilswert in ganz Niedersachsen. Nach Intervention beim federführenden Umweltministerium wird dort nun die Einführung eines „Dämpfers“ geprüft, also eine mögliche Obergrenze. Dazu sagte jetzt Landrat Jens Böther (CDU): „Mit jedem 0,1 Prozent erarbeiten wir uns mehrere Hundert Hektar Planungsspielraum.“ Das sei das Ziel bei den Verhandlungen mit dem Land, unabhängig davon, welche Ergebnisse noch bei dem Beteiligungsverfahren zum Regionalen Raumordnungsprogramm herauskommen.

Warum hat der Landkreis Lüneburg mit 4,7 Prozent überhaupt so ein hohes Teilflächenziel vom Land zugeschrieben bekommen?

Nach den Vorgaben von Bund und Land sind künftig Windräder grundsätzlich auch in Waldgebieten zulässig und politisch erwünscht. Da der Landkreis als waldreich gilt, ist auch das Flächenpotenzial relativ hoch. Zudem hat sich im bisherigen Planungsprozess auch die Kreispolitik mehrheitlich für das Wald­szenario ausgesprochen, um die Vorgaben vom Land erfüllen zu können. Ausgeschlossen von der Planung sind laut Dietrich ­Krae­tzschmer vom beauftragten Büro Planungsgruppe Umwelt sogenannte Vorranggebiete Wald. Das betrifft beispielsweise historisch nachgewiesene Waldstandorte, die schon seit 1840 Wald sind.

Kann der Landkreis Lüneburg Flächen bereits bestehender Windparks auf das geforderte Teilflächenziel anrechnen lassen?

Grundsätzlich kann der Landkreis vorhandene Windkraftflächen in den Kommunen in sein Konzept einbeziehen, wenn sie in den jeweiligen Flächennutzungs- beziehungsweise Bebauungsplänen berücksichtigt sind. Das geht aber nur, wenn es in den örtlichen Regelwerken keine vorgeschriebene Höhenbegrenzung für Windräder gibt. Sind Höhenbegrenzungen festgelegt, dürfen die Flächen nicht zum Teilflächenziel dazugerechnet werden.

Welche Tabuzonen im Außenbereich für Windkraftvorranggebiete gibt es außerdem, die im Regionalen Raumordnungsprogramm beachtet werden müssen? Vorrangflächen für Windkraft dürfen beispielsweise nicht ausgewiesen werden in militärischen Sperrgebieten, Vogelschutzgebieten der Kategorie „Natura 2000“ sowie Welterbe-Gebieten. Tabu ist auch die Schutzgebietskategorie C des Biosphärenreservats Niedersächsische Elbtalaue. Deshalb ist das Gebiet der Gemeinde Amt Neuhaus komplett von der Windkraftplanung ausgenommen. Zwar sprach sich jetzt Kreistagsmitglied Alexander Blume (CDU) dafür aus, mit Hilfe des Landes Teile des Biosphärenreservates für Windkraftplanung zu öffnen. Allerdings dürfte sich das laut Landschaftsplaner Dietrich Kraetzschmer kaum lohnen, da ein Großteil von Amt Neuhaus auch von Vogelschutzgebieten überlagert und der dann für Windkraft nutzbare Rest „nicht raumbedeutsam“ sei.

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