Ellringen -Windkraftanlagen gefährden den Tourismus

Ellringen. Es ist eine Vorstellung, die Stefan Schenzel Angst macht: „Wenn das Regionale Raumordnungsprogramm so umgesetzt wird, wie es der Landkreis aktuell plant, ist unser Familienbetrieb existenziell gefährdet.“

Der 36-Jährige führt gemeinsam mit seiner Zwillingsschwester Frauke in zweiter Generation den Kronshof in Ellringen – idyllisch gelegen, mitten im Grünen. Eine Topadresse für Erholungssuchende und Freunde des Pferdesports. Doch Familie Schenzel sieht nun ihre Zukunft und die ihrer mehr als 20 Voll- und Teilzeitkräfte akut in Gefahr – wenn die geplante Energiewende so rigoros umgesetzt wird. Denn nur wenige Hundert Meter entfernt im Bargmoor – in Sichtweite des Kronshofes – könnten sich schon bald bis zu 120 Windkrafträder drehen.

Der Landkreis weist im Entwurf des Regionalen Raumordnungsprogramms im Bargmoor/Breetzer Berge eine rund 1300 Hektar große Windvorrangfläche aus. Nicht nur für Stefan Schenzel ist das eine abstruse Vorstellung. „Natürlich brauchen wir die erneuerbaren Energien, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen“, sagt der 36-Jährige. Aber dass dafür ein ganzer Wald mehr oder weniger abgeholzt werden soll, um Platz zu schaffen für einen Mega-Windpark, dagegen wehrt sich der Unternehmer. Sein Motto: „Windkraft ja – aber mit Vernunft!“

„Wir leben vom Tourismus“, sagt auch seine Mutter Elke, die gemeinsam mit ihrem Mann den Kronshof vor mehr als 45 Jahren in Ellringen gegründet hat: „Zu uns kommen keine Tagesgäste, sondern Gäste, die in der Regel ein oder zwei Wochen bleiben“, sagt sie. Viele kämen wegen der Ruhe, der idyllischen Lage und den guten Ausreitmöglichkeiten.

Doch das entspannte Reiten sei nicht mehr möglich, wenn die Windkraftpläne wie geplant realisiert werden sollten, denn: „Das Waldgebiet ist essenzieller Bestandteil unserer Sportstätte“, sagt Elke Schenzel. Der Reitsport findet zum Teil auf der Anlage des Kronshofes, aber eben auch im Wald der Breetzer Berge statt. Und weiter sagt sie: „Das Bewegen und Trainieren der Pferde ist aus Trainings-, aber vor allem auch aus tierschutzrechtlicher Sicht aus dem Wald nicht wegzu­denken.“

Längst sei der Kronshof in Ellringen der bedeutsamste Islandpferdestandort in Deutschland, wahrscheinlich sogar in ganz Europa, gibt Familie Schenzel zu bedenken, der nun durch die geplante Ausweisung der Windvorrangflächen massiv gefährdet werde.

„Pferde sind Fluchttiere“, mahnen die Ellringer Unternehmer: Sollten die Windkraftanlagen tatsächlich in unmittelbarer Nähe zu den Pferdeweiden realisiert werden, könnte der Schlagschatten die Tiere erschrecken. Leicht könnten sie dann in Panik geraten. Und auch die permanente Geräuschkulisse, die die Windkraftanlagen erzeugen, würde die Tiere stressen.

„Als Zuchtstätte bilden wir auch junge Pferde aus, die wir dann aber nicht mehr gefahrlos im Wald reiten können“, kritisiert Stefan Schenzel die Windkraftpläne, denn durch Schlagschatten und Geräuschemmissionen kann es zu Unfällen und erheblichen Gefahren für Leib und Leben von Mensch und Tier kommen.

Was die Ellringer Pferdefreunde freilich am meisten irritiert, ist, dass die Samtgemeinde Dahlenburg in der Vergangenheit schon sehr viel für die Gewinnung grüner Energie gemacht habe, dies aber offenbar nicht anerkannt werde.

27 Windkraftanlagen drehen sich auf dem Gebiet der Samtgemeinde Dahlenburg, dazu kommen zwei Biogasanlagen, die ebenfalls Strom produzieren, und demnächst soll noch eine mehrere Hektar große Solaranlage gebaut werden. „Wir erzeugen in der Samtgemeinde grünen Strom für rund 130.000 Menschen“, rechnet Schenzel vor – der auch seinen eigenen Betrieb noch klimafreundlicher ausrichtet. „Wir bauen eine Hof-Biogas-Anlage, die unseren Betrieb bis zum Jahresende CO2-neutral machen wird“, erklärt Schenzel. „Aus dem Mist unserer Pferde werden wir Strom produzieren und die Abwärme für das Heizen unserer Gebäude nutzen. Strom, den wir selbst nicht benötigen, wird ins öffentliche Netz eingespeist.“ Schon vor Jahren wurde Ellringen als Bio-Energiedorf anerkannt. Dass jetzt noch mehr Windräder die Landschaft verspargeln sollen – für Familie Schenzel unverständlich. Warum, erklären auch diese Zahlen: „Die Gemeinde Ellringen ist 1121 Hektar groß , davon sind 390 Hektar für Windenergie vorgesehen. Das entspricht einem Anteil von 34,78 Prozent“, rechnet Elke Schenzel vor. Das wäre – wenn es denn so kommt – „eine unzumutbare und im höchsten Maße ungerechte Belastung für uns Ellringer.“

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