Die Gefahr wird immer größer – Waldbrände in Deutschland

Lüneburg. Der Wald. Für die meisten ist er ein Ort der Ruhe und Erholung, ein Ort, um Energie zu tanken, die Natur zu beobachten und die Freizeit zu verbringen. Für Michael Herrmann ist er viel mehr. Seitdem er im Jahr 1975 Zeuge der verheerenden Brände in der Südheide und im Wendland wurde, bei denen unzählige Hektar baumbestandene Fläche vernichtet wurden, zahlreiche Dörfer evakuiert werden mussten und sogar Einsatzkräfte starben, hat sich der gebürtige Lüchower der Vegetationsbrandbekämpfung verschrieben. Das Thema ist heute so aktuell wie nie – und in Deutschland kaum einer so qualifiziert wie er: Jetzt hat der engagierte Experte an einer ganz besonderen Fortbildung teilgenommen.

Löschübung in der Vegetation ist ein gewagtes Unterfangen

Zwei Wochen lang war der ehemalige Feuerwehrmann, der seinen Lebensunterhalt als Jurist am Lüneburger Landgericht verdient, in Südafrika unterwegs, hat dort an einem internationalen Lehrgang zum kontrollierten Brennen teilgenommen: „Praxis“, das ist für den 51-Jährigen ein ungeschriebenes Gesetz, „ist durch Theorie nicht zu ersetzen.“ Für sein Fachgebiet aber kaum zu realisieren – gäbe es nicht einen Zufall oder eine ganz spezielle Chance.

Einen Zufall hat er bereits erlebt, als er 2014 – zwar gezielt zum Thema Vegetationsbrandbekämpfung, aber ohne konkreten praktischen Anlass – in Portugal war, dort dann aber doch plötzlich mit zum Einsatz fahren konnte. Und eine ganz spezielle Chance ergibt sich ab und an in der Heide, wenn sich Termin und Wetterlage auf bestmögliche Weise koordinieren lassen und mit einem systematischen Abflämmen unter Aufsicht überalterte Pflanzen abgebrannt werden, die Natur damit revitalisiert werden kann. Ansonsten ist eine Löschübung in der Vegetation ein eher gewagtes Unterfangen – es gibt aber Ausnahmen. Und eine ganz besondere fand jetzt statt.

Organisiert von einer Gruppe Freiwilliger, die die Arbeit der lokalen Feuerwehren bei der Waldbrandbekämpfung unterstützen, trafen sich 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus acht Nationen am Kap, um Erfahrungen auszutauschen, neue Konzepte zu erlernen und Verhalten von Feuer im Feldversuch zu erleben – 80 Prozent von ihnen Frauen. „Denn Veranstalter der Maßnahme war eine Vereinigung, die sich eigentlich ausschließlich an weibliche Forst- und Feuerwehrmitglieder in Führungspositionen richtet.“ In diesem Fall aber nicht.

„Männer und Frauen sind im Kampf gegen Brände schließlich Alliierte“, weiß der Experte, „und deshalb waren auch einige von uns geladen.“ Voneinander lernen und das Herangehen der anderen erfahren, die Perspektive wechseln und dann gemeinsam – unter weiblicher Leitung – die Aufgaben bewältigen: „Das hatte einen sehr großen Lerneffekt.“ Und der wurde bereits bei der Planung gewonnen. So mussten Flächen gesichtet und Teams gebildet, Wetterbedingungen beobachtet und geeignete Techniken gewählt werden. Das alles in unwägbarem Gelände. Zwei kon-trollierte Brände wurden gelöscht: „Die internationalen Erfahrungen haben dabei sehr geholfen.“

Aus USA und Kanada, aus Mexiko und Peru, aus Costa Rica und Australien, aus Südafrika und Deutschland kamen die Teilnehmer – der Lüneburger war als einziger Europäer mit am Start. „Das war ein großartiger Austausch und ein überaus interessantes Erlebnis“, bilanziert er rückblickend. Viele neue Erkenntnisse hat er mit nach Hause gebracht: „Zum einen ist es faszinierend, zu sehen, dass am anderen Ende der Welt doch ganz ähnliche Feuerbedingungen wie bei uns bestehen“, sagt er, „zum anderen interessant, zu erfahren, dass die Probleme, mit denen wir uns hier auseinandersetzen müssen, weltweit vorherrschen.“ Mit allerdings unterschiedlichen Folgen.

Denn während in waldbrand-erfahrenen Kontinenten wie Nordamerika oder Australien der Fokus schon längst nicht mehr ausschließlich auf der Feuerbekämpfung läge, sei dieser Ansatz hierzulande noch nicht angekommen: „Grundsätzlich müssen wir uns allgemein von der Vorstellung verabschieden, dass sich jeder Brand in seinem Anfangsstadium bekämpfen lässt“, sagt der 51-Jährige, „deshalb müssen wir besser vorbereitet sein, besser ausgerüstet und ausgebildet.“ Und mehr Gewicht auf die Prävention legen: „Denn die Erfahrungen insbesondere der jüngeren Vergangenheit haben gezeigt, dass die Gefahr für Land- und Ortschaften immer größer wird.“

Dichte der Brennstoffe um die Häuser reduzieren

Deshalb sei es vonnöten, zu handeln – etwa indem sogenannte Brandschutzstreifen um die Siedlungen angelegt würden. Oder indem die Dichte der Brennstoffe um die Häuser reduziert würden. Oder, dass sich die Methoden und Denkweisen, was das Thema angehe, grundlegend ändern müssten: „Die Landschaft ist im Wandeln, das machen Beispiele wie der Harz ganz deutlich. Wenn wir jetzt nicht darauf reagieren, oder besser noch agieren, dann könnte es schon bald zu spät sein.“

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